Hier liegt ihr richtig! Ob in der Natur, mitten in der Stadt, für Familien, im Grünen, historisch oder traditionell: Unter Thüringens TOP-Gastgebern findet jede:r genau die passende Adresse.
So macht Geschichte Spaß
Schloss Wilhelmsburg
„Wir haben keinen Cranach und keine Nofretete. Ein paar Originalschränke, schöne Fresken, ja, aber der Star ist das Gebäude!“ Sagt Kai Lehmann, Museumsdirektor im wenige Gehminuten vom Zentrum des wohl schönsten Fachwerkstädtchens Thüringens entfernten Schloss Wilhelmsburg – ohne Übertreibung ein Juwel unter Deutschlands Renaissance-Schlössern. Der Grund: In nur fünf Jahren Bauzeit als Nebenresidenz der hessischen Landgrafen erbaut, fiel die etwa 60 mal 50 Meter große Vierflügelanlage recht schnell in einen Dornröschenschlaf. „Pures Glück!“, meint der in Schmalkalden geborene Lehmann, „denn so gingen die üblichen Verschlimmbesserungen von Barock über Rokoko bis Historismus an dem Gebäude vorbei.“ Also keine eingezogenen Wände oder Überbauungen und auch größere Feuer, Raubzüge, Kriegsschäden sind nicht zu beklagen. Alles ist nahezu vollständig im Original erhalten. „So etwas findet sich kein zweites Mal im deutschsprachigen Raum. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal!“
Macht schon das herausgeputzte weiße Äußere samt roter Eckquaderung Eindruck, warten im Inneren manieristische Tür-, Fenster- und Wandmalereien sowie Stuck- und Bildhauerarbeiten von hoher künstlerischer Qualität. Renaissance pur! Besucher schlendern im ersten Stock über knarzende Holzböden im Karree von Gemach zu Gemach. Dabei passieren sie ein paar Originalmöbel und die Ausstellung „Urknall Luther?“, die – wer wusste es? – die 18 Bibelübersetzungen vor Luther beleuchtet und warum die 19. eben so bahnbrechend war. Aha! Wow-Effekte garantiert auch die dreigeschossige Schlosskirche, ein elegant-prunkvolles Raumerlebnis mit gleich zwei Besonderheiten. Einmal handelt es sich hier um die älteste erhaltene architektonische Umsetzung des protestantischen Glaubensbekenntnisses mit axialer Anordnung von Altar, Kanzel und Orgel. Jenes Instrument von 1590 gilt zudem als eine der vier ältesten bespielbaren Holzorgeln weltweit. „Das Klangerlebnis ist der Wahnsinn!“, schwärmt Lehmann. Und von wegen nur Kirchenmusik! So ertönten bei der „SynthPhonischen Orgelshow“ Stücke von Metallica und Karat sowie Filmmelodien von „Game of Thrones“ bis „Fluch der Karibik“.
Ausgezeichnete Geschichts-Clips
Auch jenseits von Events lässt sich einiges bestaunen: die reichen Stuckaturen im Weißen Saal, die Vorbereitungen für die 2024 geplante Ausstellung „1150 Jahre Schmalkalden“ oder die vor dem Riesensaal postierten Trabanten. Die suggerierten, dass hier nur die Landesväter Eintritt hatten. Noch mehr vermitteln naturgemäß Führungen – oder Audioguides. Cool für Kids: Per Hörstift auf die jeweiligen Code-Punkte in den Räumen getippt und schon schallen aus dem Lautsprecher oder Kopfhörer entsprechende Anekdoten. Zur Wahl stehen auch eine von Achtklässlern eingesprochene Kinder- sowie eine von Abiturienten gestaltete englischsprachige Version. Es wird eben auf vielen Ebenen mitgedacht und experimentiert – ohnehin die Stärke von Lehmann und seinem Team.
Auch Tochter Charlotte ist dabei mit von der Partie. Mit ihr nahm der promovierte Historiker während der Lockdowns Youtube-Clips auf. Die Filmchen über das Schloss und die höfische Gesellschaft im 16. und 17. Jahrhundert wurden zum Renner. Es folgten mehr als 100 Episoden, mehr als 100.000 Klicks und der Thüringische Tourismuspreis 2021 im Bereich „Digitale Lösungen im Tourismus“.
Multi-medial und anfassen erwünscht!
Videos aufs Smartphone der Schlossbesucher, das geht auch. Das erste flächendeckende WLAN in einem Thüringer Schloss und vielerorts angebrachte QR-Codes machen es möglich. In der Ausstellung wird medial noch eins draufgesetzt, mit aufwendig produzierten Filmchen mit Schauspieler Dominique Horwitz. Solche Filmelemente können auch die Besucher der 2017 eröffneten Dauerausstellung über den Schmalkaldischen Bund im Erdgeschoss erleben. Da schlüpfte Lea Draeger in die Rolle der Herzogin Elisabeth von Rochlitz, dem einzigen weiblichen Mitglied des von Riga bis Straßburg reichenden Bundes. Auf XXL-Screens führt sie als visueller Audioguide durch die 600-Quadratmeter-Halle, die dank Fachwerkhaus- und Gassenambiente wie ein riesiges Stadtmodell wirkt. Storytelling vom Feinsten! Die Geschichte des 1530/31 gegründeten Bundes ist ohnehin fesselnd. Lehmann bezeichnet ihn nicht nur als die erstmalige konfessionelle Blockbildung, sondern als Beginn der Kirchenspaltung in Europa. „Ohne den Bund gäbe es vermutlich keinen Luther und keine Reformation, war er doch dessen politischer und später auch militärische Arm.“
Man will sofort mehr dazu wissen! Auch weil die Texte kurz und knackig sind und unkonventionell präsentiert werden: mal auf Trommeln (zum Thema Krieg), mal auf Bettkissen hinter einem Vorhang (zum kriegsentscheidenden Thema Doppelehe) oder auf Täfelchen, die zum Hin- und Herschieben animieren. Da wird der Unterschied zwischen altem und neuem Glauben wahrlich schnell greifbar. „Kleine haptische Dinge, die große Wirkung erzielen“, findet Lehmann. Anfassen ist generell überall erwünscht.
Geheime Botschaften, offene Begeisterung
Das kommt an, das Gästebuch quillt über vor Begeisterung: „Hammer, der Videoguide“, „Sehr informativ“, „Schönste Ausstellung, die ich je gesehen habe“. Ein 10-Jähriger schreibt: „Wenn Geschichte in der Schule auch so vermittelt werden würde, würd‘ das richtig Spaß machen.“ Sicher auch eine Anspielung auf die kindgerechten Extra-Videos, die Rallyefragen und das Angebot, via Geheimschrift Botschaften an die Eltern zu verfassen …
Das Beste: Alles ist wissenschaftlich top belegt. Und Interessierte können jederzeit tiefer einsteigen respektive Texttafeln an den Hauskulissen aufklappen oder historische Dokumente begutachten. Auf zwei ist Lehmann extrastolz: „Meinen Teil zur Aufbereitung der Reformationsgeschichte, besagen diese Papiere nicht weniger als dass selbst das mächtige Köln dem Bündnis beitreten wollte …“ Wobei die Ränkespiele der Fürsten, Landgrafen, Kaiser und Kirchen das eine sind, die Aspekte des Alltagslebens stehen jedoch genauso im Fokus. Was haben die Leute gegessen, was haben sie geschenkt, wie haben sie geliebt? Antworten dazu lieferte auch eine Art Tage- und Finanzbuch des Herrn Glaser, der im 17. Jahrhundert als Scharfrichter arbeitete. Nicht nur Lehmann bezeichnet seinen Zufallsfund als „Quelle, wie es sie in Mitteleuropa kein zweites Mal gibt“.
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Titelbild: ©Dominik Ketz
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