Bühnenspektakel vor himmlischer Kulisse

DomStufen-Festspiele

Die DomStufen-Festspiele in Erfurt finden auf der wohl schönsten Open-Air-Bühne Deutschlands statt. Das Setting aus Mariendom, St. Severi-Kirche und den großen 70 Stufen hinunter zum Domplatz sucht in der Tat ihresgleichen. Jedes Jahr aufs Neue kommen kulturbegeisterte Besucher, wie die Freundinnen Kathrin und Sylvia, nach Erfurt, um die besondere Atmosphäre der Domstufen zu erleben und sogar einen Blick hinter die Kulissen zu ergattern.

Die beiden haben sich für das Wochenende viel vorgenommen: Einkaufen, bummeln, quatschen – und endlich mal wieder ihre Lieblingsplätze in Erfurt besuchen. Und heute Abend steht etwas Besonderes an: die DomStufen-Festspiele. Vom Hotel aus gehen sie zügig los, um rechtzeitig zur Aufführung da zu sein. Aber während sie durch die sonnendurchfluteten Straßen laufen, vorbei an gemütlichen Cafés und den entspannten Menschen, halten sie doch immer wieder inne. Die historischen Fassaden und das Flair der Stadt ziehen sie in ihren Bann. Als sie schließlich den Domplatz erreichen, fällt ihr Blick auf die majestätische Kulisse des Doms, die schon von Weitem sichtbar ist. Mit jedem Schritt steigt die Vorfreude auf das bevorstehende Erlebnis.

 

Das Ambiente: feierlich, aber alles andere als steif. Der Sound: klar und großartig abgemischt. Das Bühnenbild: fulminant. Alles bei „Fausts Verdammnis“, dem DomStufen-Festspielstück 2023, ist groß und großzügig. Und ein voller Hingucker. Im Lauf der über dreistündigen Opernkomposition von Hector Berlioz wird eine von einem meterhohen Tor am Vertikaltuch herabpurzelnde Akrobatin für Ahs und Ohs sorgen, ebenso übermannsgroße Puppengesichter. „Wir haben stets etwas Überraschendes“, sagt Chef-Dramaturg Arne Langer, der seit über 25 Jahren am Theater Erfurt tätig ist. „Beim Luther-Musical etwa gab es neun Meter hohe Nägel, bei Tosca übermannsgroße Engelsteile und bei Anatevka eine acht Meter lange und 1,2 Tonnen schwere umgekippte Milchkanne.“

Viel Bewegung auf der Showtreppe

Beim Faust überraschen noch weitere Effekte, die im normalen Theater unmöglich wären. Schattenspiele an der Dom-Fassade oder Beleuchtungen, die so wirken, als würde die Kirche in Flammen stehen. Die ist ohnehin der Star. Besser gesagt das Ensemble: links der 81 Meter hohe Dom, daneben die Severikirche, einer der bedeutendsten Gotik-Bauten in Deutschland, davor eine Freitreppe, die kaskadenartig zum Domplatz respektive zur XXL-Zuschauertribüne führt. Die immer breiter werdenden 70 Stufen bilden dabei eine ungewöhnliche Bühne für Schauspieler, Sänger, Solisten. Unentwegt laufen, tanzen, schreiten sie rauf und runter oder verschwinden in Gängen, um anderswo wieder hervorzutreten. Und im Hintergrund ragt ein halbes Dutzend Kirchturmspitzen empor …

Public Viewing in der Oper

„Es ist ein Ort mit magischer Ausstrahlung!“, schwärmt Kathrin, während sie gemeinsam mit ihrer Freundin Sylvia die großartige Szenerie bewundert. Die

beiden haben sich einen Blick hinter die Kulissen der DomStufen-Festspiele in Erfurt gesichert – ein Angebot, das jedes Jahr von zahlreichen Gästen gern angenommen wird. Für alle Besucherinnen und Besucher ist ein solcher Rundgang im Rahmen der Veranstaltung ein ganz besonderes Erlebnis. „Man erfährt Spannendes zum Stück, sieht das beeindruckende Bühnenbild und bekommt Einblicke in die Arbeit hinter der Bühne“, erzählt Sylvia begeistert. Die Führung ermöglicht es den Teilnehmern sogar, selbst einmal die Position der Darsteller auf der Bühne einzunehmen. Nach der informativen Tour wird den beiden und ihrer Gruppe ein Glas Sekt gereicht – ein stilvoller Abschluss eines faszinierenden Einblicks. 

Die technischen Möglichkeiten auch die Infrastruktur wurden im Verlaufe der Jahre immer wieder verfeinert: 2010 wurde die Tribüne auf 2.000 Sitze ausgebaut, 2018 die Anzahl der Vorstellungen erhöht. Selbst bei inzwischen 21 Aufführungen pro Saison war die Nachfrage so groß, dass 2022 Live-Übertragungen von „Nabucco“ ins Opernhaus stattfanden. Mit 44.453 verkauften Tickets wurde ein neuer Rekord aufgestellt.

Mal wird’s ernster, mal lustiger

Über all die Jahre kommen sogar mehr als 820.000 Zuschauer zusammen, darunter viele „Wiederholungstäter“, wechselt doch neben den Stücken auch der Stil: mal Oper, mal Musical. Meist werden Stoffe adaptiert, doch es schlagen auch drei Eigenkreationen zu Buche. „Die hier geschriebenen Stücke könnten woanders gar nicht aufgeführt werden.“ So bleiben „Luther“, „Der Name der Rose“ und „Jedermann“ einmalig. Das gilt auch für die Kooperation zwischen Bühnenbildnern, Choreographen, Musikern, Schauspielern – ein Jahr intensive Arbeit, bei der große Teile des Teams davon profitieren, dass sie sich aus anderen Produktionen des Theater Erfurts kennen.

 

Wobei Geiger, Bläser und Co. bei den DomStufen-Festspielen nicht am selben Ort agieren. Das Philharmonische Orchester Erfurt musiziert im 500 Meter entfernten Theater – live. Irre, wie das Zusammenspiel der bis zu 150 Mitwirkenden selbst aus der Distanz funktioniert. „Manchmal müssen“, so Langer, „die Zuschauer mit Leinwandschaltungen daran erinnert werden, dass die Musiker woanders sitzen …“ 

Andere Autos sind nicht zu hören, selbst die Straßenbahn scheint Rücksicht auf die Klangkulisse zu nehmen. Da stört wirklich nichts von außen. Und was, wenn schlechtes Wetter zu stören droht? „In der Regel fällt nur eine von 20 Vorstellungen wegen Regen aus“, bilanziert Langer.

An heißen Sommerabenden geht es eher um die Frage der Abkühlung. Da helfen luftige Kleidung, Fächer, ein Eis in der Pause. In der wird bereits Werbung fürs Folgejahr gemacht. Kathrin und Sylvia sind dann bestimmt auch wieder mit dabei.
 

Großes Theater für die Kleinen
Warum sollen nur Erwachsenen in den Genuss der DomStufen-Festspiele kommen? Eben, Theater und Musik sind auch etwas für Kinder – wenn es altersadäquat präsentiert wird. Genau das passiert seit 2009. Seit jenem Jahr gibt es bei Nachmittagsvorstellungen, ebenfalls vor der tollen Dom-Kulisse, je ein eigenes Stück für Kinder ab sechs Jahren.

 

Titelbild: © Theater Erfurt, Lutz Edelhoff 


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