Hier liegt ihr richtig! Ob in der Natur, mitten in der Stadt, für Familien, im Grünen, historisch oder traditionell: Unter Thüringens TOP-Gastgebern findet jede:r genau die passende Adresse.
700 Jahre Geschichte an einem Tag
Museen im Oberen und Unteren Schloss Greiz
Als Rainer Koch von der Stadt Greiz als Museumsleiter engagiert wurde, übernahm er das Untere und das Obere Schloss als Heimatmuseum. Schnell erkannte er jedoch den wahren Wert der ehemaligen Fürstenresidenzen, als er die noch unrenovierten Bauten, Museumsmagazine sowie Archive durchstöberte – und sich mit der Historie der Reuss-Familie näher beschäftigte. Mit starken Charakteren wie Heinrich der Unartige regierte sie über Jahrhunderte standfest das nur 316,3 km² umfassende Fürstentum Reuß älterer Linie, das kleinste der damals acht Herrschaftsgebiete Thüringens.
Begreifen bedeutet verstehen
Rainer Koch arbeitete mit seinem Team alle Daten und Fakten der älteren sowie der jüngeren Linie Reuss auf, stellte sie parallellaufenden geschichtlichen Ereignissen gegenüber und inszenierte beides äußerst einfallsreich mit dem Ziel eines nachhaltigen Wissenstransfers – und dem Wunsch, dass seine Museumsgäste Spaß haben. Forsche, spüre und denke selbst ist sein Ansatz. Das bewirkt er mit klassischen Ausstellungsstücken, denen er einen kreativen Rahmen verleiht, allerlei Mitmach-Optionen und von tiefen Kenntnissen zeugenden Texten. In seinen Museen nimmt er keine Deutungshoheit in Anspruch: „Jeder soll seine eigene Kompetenz spüren, Antworten zu suchen und zu finden, daher gibt es auch selten Führungen.“
Das Obere Schloss – Sitz souveräner Stärke
Das Schloss verschmilzt geradezu mit dem Felsplateau, auf dem es oberhalb von Greiz ursprünglich als Burg errichtet wurde. Über die Jahrhunderte ließen die Fürsten ihren Herrschaftssitz immer wieder umgestalten und erweitern – nach einer Art Zwiebelsystem. Die baulichen Ursprünge des Oberen Schlosses werden auf das 12. Jahrhundert datiert.
Ausdrucksstarke Kunstwerke als Sinnbild freien Denkens
Im Eingangsbereich werden Schlossbesuchende direkt eingefangen von dem Pop-Art-Gemälde des Gegenwartskünstlers Moritz Götze. Es zeigt die Heinrichs der Fürstenfamilie – der Vorname wurde durchgehend weitervererbt, sinnig, denn er bedeutet „Herrscher des Heims“. Mit dem modernen Werk wird zum Ausdruck gebracht, dass die Darstellung des Historischen keinen Regeln unterliegen sollte.
Nur etwa drei Prozent der vorhandenen Exponate werden gezeigt. Manchmal kommt Neues dazu wie ein prunkvoller Lustgarten aus Zuckerguss, dargeboten auf der Tafel des Speisezimmers im Oberen Schloss – ganz der Tradition des Schauessens an Fürstenhöfen im 17. und 18. Jahrhundert entsprechend.
Durch die Historie sausen
Mit dem farblich illuminierten Aufzug geht es im Herzen „der Zwiebel“ durch vier Epochen – Zeit- und Ereignistafeln weisen den Weg. Rot beispielsweise steht für die Jahre 1190 bis 1531 und führt euch in das Kellergeschoss, geprägt von Gewölben und Backsteinwänden. Ritterhelme aus Eisen, so schwer, dass sie kaum zu halten sind, lassen sich anprobieren. Eine Sammlung mit Gestein aus Steinbrüchen der Region, darunter überraschend glitzernde Exponate, motiviert dazu, sich näher mit der Geologie der Vulkangegend zu beschäftigen. Die Nachttopfsammlung lässt schmunzeln, Kinder meinen gar, es handle sich um Suppenschüsseln. Ein raffiniert eingearbeiteter Kamin im Wohnraum, Kemenate im Fachjargon, zeugt davon, dass auch im 13. Jahrhundert niemand gerne fror. Der Querschnitt des Schlosses wird anhand eines Modellbaus hinter Glas präsentiert. Drückt auf die Knöpfe der Vitrine und seid gespannt, was geschieht.
Geht die Aufzugtür auf der Ebene „Fürstensäle“ auf, entlockt es euch bestimmt ein Wow: alles hoch gebaut und licht, barocker Stuck an der Decke, aufwändige Raumverkleidungen, Kronleuchter, eine Ahnengalerie und eine der seltenen Doppelkapellen – bei Umbauten ist sie „in der Wand verschwunden“.
Eine Doppelkapelle ist ...
Auf den Wellen der Geschichte surfen
In einem der Bereiche wartet das Schloss-Skateboard auf seinen nächsten Ride. Mit Bewegungen müssen möglichst viele Ringe mit einem fliegenden Schwert auf einem Screen durchbohrt werden. Im Hintergrund laufen Szenen der unterschiedlichen Bauphasen des Oberen Schlosses ab. Im kleinen Kinosaal wird ein 3D-Film gezeigt, der Einblicke in Erlebnisse der Adelsfamilie bietet. Begegnet dort virtuell Otto Fürst von Bismarck (1815 bis 1898), dem ersten Reichskanzler des Deutschen Reiches, und den letztregierenden Fürsten Reuss Aelterer Linie Heinrich XXII. (1846 bis 1902) – über ihn werdet ihr im Unteren Schloss noch mehr erfahren.
Fürstlichen Alltag im Unteren Schloss
Im 19. Jahrhundert zog die Fürstenfamilie in das Untere Schloss. Die Wohnräume sind heute mit Originalmobiliar und sehenswerten historischen Kachelöfen bestückt. Besonders informativ ist der Raum mit dem Greizer Stadtmodell aus dem Jahr 1899, umringt von Wänden mit detaillierten Manuskripten über die faszinierende Persönlichkeit Heinrichs XXII. Reuss Aelterer Linie – aufgrund seiner Widerspenstigkeit in politischen Belangen wurde er Heinrich der Unartige genannt. In den nächsten Räumen wird es persönlich: Hochzeitsstorys verschiedener reußischer Prinzessinnen gewähren tiefe Einblicke in die einzelnen Schicksale. Dramatisches, Berührendes, Romantisches – es kommt alles vor. Eine ganze Reihe weiterer Zimmer präsentieren Gedichte, Papiertheater oder Spielzeug von früher. Kinder sind begeistert – auch von der längsten Murmelbahn des Vogtlandes, die hier ausgestellt ist.
Titelbild: Sebastian Theilig, Tourismusverband Vogtland e.V.
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